Einzelprojekte

Un/Doing Differences. Praktiken der Humandifferenzierung

Kulturelle Phänomene bestehen aus kontingenten sinnhaften Unterscheidungen, die von historisch und geographisch spezifischen Kontexten geprägt sind. Solche sinnhaften Unterscheidungen werden gesellschaftlich etwa zwischen verschiedenen Pflanzen, Tieren, Dingen oder Krankheiten gemacht. Die wichtigsten Differenzierungen sind jedoch jene, mit denen sich die Unterscheider selbst voneinander unterscheiden: die Klassifikation der Klassifizierer (Bourdieu). Die Forschungsgruppe eint ein grundlegendes Interesse an der Herstellung, Überlagerung und Außerkraftsetzung verschiedener kultureller Differenzierungen des gesellschaftlichen Personals − am „doing“ und „undoing“ von Differenzen. Sie will Praktiken kultureller Kategorisierung von Menschen untersuchen. Dazu zählen Grenzziehungen im Rahmen von Gemeinschaftsbildungen („wir/die“) entlang sprachlicher, religiöser, ethnischer und nationaler Marker ebenso wie innergesellschaftliche Teilungen nach Geschlecht oder Leistungsklassen. In einer vergleichend angelegten Forschung über heterogene Fälle der Kategorisierung von Personen und der Grenzziehung zwischen Gemeinschaften soll vor allem die Kontingenz dieser Prozesse beleuchtet werden: die Bedingungen der Differenzierung und Entdifferenzierung und die treibenden Mechanismen der Aktualisierung oder Neutralisierung von Varianten solcher Unterscheidungen.

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Das Dorf Christi. Institutionentheoretische und funktionshistorische Perspektiven auf Oberammergau und sein Passionsspiel im 19.-21. Jh

Seit 1634 wird in Oberammergau das Gelübdespiel von Christi Opfertod aufgeführt. In einer sich als säkular begreifenden Gesellschaft gerät das religiöse Spiel unter Rechtfertigungsdruck; doch das eröffnet auch Freiräume für neue Funktionalisierungen: Aus der lokalen Spieltradition ist ein weltweit bekanntes touristisches Großereignis geworden, das nicht nur Erbauung bietet, sondern verschiedenste Interessen bedient. Das Projekt untersucht die funktionsgeschichtliche Pluralisierung und diskursive Stabilisierung des Oberammergauer Passionsspiels seit dem 19. Jahrhundert. Es beschreibt diese als Perpetuierung einer Spannung zwischen Traditionsbezügen und sich verändernden historischen Kontexten. Dabei konzentriert es sich nicht auf das Spiel allein, sondern nimmt das als Bio- und Soziotop wahrgenommene Dorf, seine Tradition und geographische Lage sowie seine Funktionalisierung in unterschiedlichen diskursiven Zusammenhängen in den Blick. Ziel ist die Rekonstruktion von Sinnbildungsstrukturen, durch die die Spannung zwischen Traditionsverpflichtetheit und Aktualitätsbehauptung in Balance gehalten wird. Beobachtbar werden dabei Prozesse der Binnendifferenzierung und Partikularisierung religiöser Weltwahrnehmungen in Zeiten von sich als modern, aufgeklärt, säkular oder zuletzt gar postsäkular begreifenden Gesellschaften.

Beteiligte Wissenschaftler*Innen: Jun.-Prof. Dr. habil. Julia Stenzel, JGU Mainz / PD Dr. Jan Mohr, LMU München (Leitung), Dominic Zerhoch M.A.

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Ethnographien des Selbst in der Gegenwart

Gegenwärtige Formierungen des Selbst stehen in augenscheinlichem Zusammenhang mit den Herausforderungen des digitalen Zeitalters und veränderten Möglichkeiten der Selbstinszenierung in den Social Media. Damit einhergehend lassen sich neue Weisen des Lifestyles, der Ästhetisierung und Kultivierung der Existenz sowie neue, über Kulte und Rituale strukturierte Ich-Performanzen beobachten, die mit einer Entgrenzung von Heiligem und Profanem, von Religiösem und Säkularem in Verbindung zu stehen scheinen.

Das Gutenberg Nachwuchskolleg (GNK) „Ethnographien des Selbst in der Gegenwart" ist eines von vier Kollegs, die Anfang 2018 zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in den Geistes- und Sozialwissenschaften für zwei Jahre vom GNK bewilligt wurden.

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